Die Kreditaktivitäten der Kanoniker von St. Paul’s im Spiegel spätmittelalterlicher Gerichtsquellen
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Abstract
thematisiert. Inwieweit sich der Klerus in Kreditgeschäften betätigte, ist hingegen noch weitgehend unerforscht. Derartige Studien, im Speziellen zum Klerus einer der englischen Kathedralen, fehlen gänzlich. Die St. Paul’s Kathedrale bietet sich dafür nicht nur aufgrund ihrer Lage inmitten der bevölkerungsreichsten Stadt Englands an. Ihr Säkularklerus war aufgrund seines Wohlstandes, den er aus diversen Einkommensquellen generierte, als Kreditgeber prädestiniert. Diese Rolle nahmen die Kanoniker auch vielfach ein. Kircheneigene Quellen zu vergebenen Krediten sind leider nicht erhalten, allerdings tauchen die Kanoniker regelmäßig in den Akten des Court of Common Pleas als Kläger mit Schuldenforderungen auf.
Für den Zeitraum von 1345 bis 1355 konnten 177 unterschiedliche Kreditbeziehungen aus den Gerichtsakten ermittelt werden. Deren Einträge werden in diesem Working Paper auf die darin dokumentierten Kreditbeträge, sowie auf die Klientel, welche bevorzugt Kredite bei Klerikern aufnahm, untersucht. Darüber hinaus wird versucht, mithilfe der eingereichten Klagen und der darin geforderten Rückzahlungen, Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen der in den Jahren 1349/50 wütenden Pestepidemie zu ziehen. Es wird sich zeigen, dass der „Schwarze Tod“ die Kanoniker von St. Paul’s zumindest kurzfristig in wirtschaftliche Nöte gebracht haben könnte.
Um dieser Datenmenge, die aus den stark schematisch angelegten Gerichtsakten gewonnen werden konnte, etwas mehr Lebensnähe gegenüberzustellen, soll abschließend ein Inventar aus dem 15. Jahrhundert behandelt werden. Dieses Inventar gewährt nicht nur Einblicke in den Lebensstandard der unteren Gesellschaftsschichten Londons, sondern belegt zusätzlich, dass die Kanoniker von St. Paul’s auch abseits des Klerus, des Adels und des gehobenen Bürgertums Kreditbeziehungen unterhielten. Es wird deutlich, dass auch der Londoner Klerus in das Kreditwesen als allgegenwärtiges Phänomen des Spätmittelalters stark involviert war.