Macht und Konflikt – Narrative Wahrheitskonstruktionen in digitalen Medien am Beispiel der Ereignisse in Chemnitz 2018
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Abstract
Als es am 25. August 2018 in Chemnitz zu einer tödlichen Messerattacke auf einen 35-jährigen Mann kommt, rufen rechtsextreme Gruppierungen noch am Tattag zu Demonstrationen gegen „Ausländerkriminalität“ auf. Vorangegangen waren zahlreiche Spekulationen zur Nationalität der vermeintlichen Täter, zum Streitgrund sowie zum Tatverlauf, die sich online rasant verbreiteten. Im Laufe der nächsten Wochen konnte beobachtet werden, wie die darauffolgenden Ereignisse in den Medien aus verschiedenen Blickwinkeln dargestellt wurden. Mit der bewussten oder unbewussten Entscheidung, welcher Variante einer Erzählung man Glauben schenkt, geht immer auch eine spezifische Perspektivensetzung, ein bestimmtes Weltbild einher. Insbesondere zwischen den in der politischen Mitte situierten und gesellschaftlich anerkannten Leitmedien und jenen Onlineblogs und Nachrichtenportalen, die politisch als rechtspopulistisch einzuordnen sind, ist eine deutliche Diskrepanz der Ereignisdarstellung erkennbar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Zweitgenannte sich bewusst und identitätsstiftend gegen die in den Leitmedien vorherrschenden Wissensbestände positionieren, um ihre eigenen Narrative als wahr durchzusetzen. An einem Korpus aus insgesamt über 2200 Texten beider Seiten sollen in der folgenden Untersuchung die jeweiligen Großnarrative der Geschehnisse in Chemnitz und die damit verbundene, konkurrierende Konstruktion von Wahrheit dargestellt und miteinander vergleichen werden.